Regulierte Verkehrsbereiche
Regulierte Verkehrsbereiche sind Netzobjekte, mit denen Sie Gebiete und Streckenfolgen mit besonderen Auflagen oder Beschränkungen modellieren können. Dazu zählen unter anderem Fahrverbote, Durchfahrtsverbote oder Mautkonzepte. Sie können Regulierte Verkehrsbereiche einfügen, indem Sie ein Polygon definieren. Für Strecken innerhalb des Regulierten Verkehrsbereichs wird automatisch eine Zuordnung zum Regulierten Verkehrsbereich vorgenommen, wenn sie vollständig innerhalb des Polygons liegen. Dazu wird das Streckenattribut Regulierter Verkehrsbereich-Set mit der Nummer belegt. Bei einer Bearbeitung des Polygons wird die Zuordnung automatisch angepasst. Sie können auch einzelne Strecken aus einem Regulierten Verkehrsbereich interaktiv entfernen oder hinzufügen. Dies bietet sich z.B. bei großen Kreuzungen mit mehreren Ebenen an, wenn die Einschränkung nur für eine Ebene gilt. Wenn ganze Bezirke im Regulierten Verkehrsbereich liegen sollen, achten Sie darauf, dass alle Anbindungen auf Strecken führen, die Teil des regulierten Verkehrsbereichs sind. Des Weiteren können Sie mehrere Regulierte Verkehrsbereiche des gleichen Typs definieren, die sich auch überlappen können (Anwendung: Regulierte Verkehrsbereiche verwalten). Das bedeutet, dass Strecken mehreren Regulierten Verkehrsbereichen zugeordnet sein können.
In Visum gibt es unterschiedliche Typen von Regulierten Verkehrsbereichen:
Bei Fahrverboten dürfen gesperrte Verkehrssysteme in dem Gebiet nicht verkehren. Das betrifft auch Binnenverkehre innerhalb des Regulierten Verkehrsbereichs. Bei Fahrverboten ist sicherzustellen, dass die Umlegungsmatrizen für die vom Fahrverbot betroffenen Relationen keine Nachfrage enthalten.
Beispiele für Fahrverbote sind Umweltzonen in Deutschland, bei denen nur Fahrzeuge Zugang haben, die bestimmte Abgasstandards erfüllen.
Durchfahrtsverbote sind Gebiete oder Streckenfolgen, bei denen die Einfahrt für den Zielverkehr / Ausfahrt für Quellverkehr für die vom Durchfahrtsverbot betroffenen Verkehrssysteme erlaubt ist, ein Durchfahren des Regulierten Verkehrsbereichs jedoch nicht.
Ein häufiges Beispiel sind die Durchfahrtsverbote für Lkw in Innenstädten.
Bei der Flächenmaut wird ein geografisch zusammenhängender Teil des Netzes als regulierter Verkehrsbereich definiert. Es wird je Verkehrssystem ein von der Entfernung unabhängiger Festbetrag erhoben, sofern ein Teil einer Route in den Bereich fällt:
Bei der Flächenmaut werden zwei Arten unterschieden:
-
Flächenmaut (bei jeder Einfahrt bezahlen): Führt ein Weg mehrfach in denselben regulierten Verkehrsbereich, wird bei jeder Einfahrt der Mautbetrag erhoben und im Widerstand berücksichtigt.
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Flächenmaut (einmal bezahlen): Führt ein Weg mehrfach in denselben regulierten Verkehrsbereich, wird der Mautbetrag einmal erhoben und geht einfach in den Widerstand ein.
Beispiele für eine Flächenmaut sind die Congestion Charging Zone (CCZ) und die Ultra Low Emission Zone (ULEZ) in London.
Abbildung 29: Congestion Charging Zone und Ultra Low Emission Zone in London als Beispiel einer Flächenmaut
Die Flächenmaut wirkt sich in Umlegungsverfahren als Teil des Widerstands bei der Routensuche und Aufteilung aus. Außerdem werden je Route die Maut und die daraus resultierenden Erlöse ermittelt. Die Maut beträgt null für Routen, die das Mautgebiet nicht berühren. Alle anderen Routen (Quellverkehr, Zielverkehr, Durchgangsverkehr, Binnenverkehr) werden mit dem für das Verkehrssystem angegebenen Mautbetrag belastet.
Beachten Sie folgende Besonderheiten: Wege, die die Grenze des Mautgebiets mehrfach queren, werden mehrfach mit dem Mautbetrag belastet. Das mag in der Realität nicht der Fall sein, lässt sich jedoch im Rahmen der Implementierung nicht vermeiden. Ebenso kann in der Realität der Binnenverkehr des Mautgebiets von der Mautberechnung ausgenommen sein. Für die Routenwahl ist es unerheblich, wenn diese Verkehre trotzdem mit Maut belastet werden, denn die Maut gilt für alle Alternativen gleichermaßen und ändert nichts an der Gleichgewichtslösung. Wenn Sie jedoch eine Kenngrößenmatrix berechnen, bei der die Maut enthalten ist, um diese beispielsweise im Nachfragemodell zu verwenden, müssen Sie nach der Berechnung der Kenngrößenmatrix für die Binnenverkehrsrelationen den Mautbetrag in einer Matrixoperation selbst subtrahieren. |
Dieser Typ wird häufig auf Autobahnkorridoren angewandt. Dort handelt es sich um ein geografisch zusammenhängendes Teilnetz mit einer kleinen Zahl von Verbindungen (Ein- und Ausfahrten) zum restlichen Netz. Mautbeträge sind nicht als Summe von Streckenmautbeträgen, sondern willkürlich als Preis für Paare (Einfahrt, Ausfahrt) festgelegt. Wegen dieser Paare wird diese Maut Matrixmaut genannt. Mit einer solchen Preismatrix hat der Betreiber zusätzliche Flexibilität, weil er die Maut für eine lange Route unabhängig von den Mautbeträgen für kürzere Teile davon definieren kann. Üblicherweise steigt die Mautgebühr mit der Entfernung, allerdings degressiv, der Preis pro Kilometer nimmt also mit wachsender Entfernung ab.
Die französischen Autobahnen sind ein Beispiel für diesen Mauttyp.
Abbildung 30: Mautstation an einer Autobahn-Ausfahrt
Solch eine Matrixmaut (benannt nach der Preismatrix) kann grundsätzlich nicht auf eine Summation von Mautbeträgen pro Strecke zurückgeführt werden. Betrachten wir dazu das Beispiel in Abbildung 31:
Abbildung 31: Beispiel für eine Matrixmaut
Die Strecken 1-2 und 2-3 bilden einen Autobahnkorridor mit Matrixmaut. Dazu definieren Sie zunächst das Mautgebiet, indem Sie ein Netzobjekt Regulierter Verkehrsbereich vom Typ Matrixmaut einfügen und seine Nummer allen enthaltenen Strecken als Attribut Regulierter Verkehrsbereich-Set zuweisen. Der Regulierte Verkehrsbereich enthält zudem pro Verkehrssystem eine Matrix von Mautbeträgen zwischen allen Grenzknoten des Mautgebiets. In unserem Beispiel sind das die Knoten 1, 2, 3. Die Mautbeträge enthält Tabelle 10.
von / nach Knoten |
1 |
2 |
3 |
1 |
0 |
2 |
3 |
2 |
2 |
0 |
2 |
3 |
3 |
2 |
0 |
Beachten Sie, dass die Maut für die Gesamtstrecke niedriger ist als für die beiden Einzelstrecken.
TRIBUT fügt für jedes Paar (Einfahrt, Ausfahrt) des Regulierten Verkehrsbereichs eine virtuelle Strecke mit dem Mautbetrag aus der Matrix ins Netz ein und verwendet diese virtuellen Strecken für die Kurzwegsuche. Die ursprünglichen Strecken im Mautgebiet sind dagegen für die Kurzwegsuche gesperrt. Zur Ermittlung der Reisezeit werden die auf die virtuellen Strecken entfallenden Belastungen zurück auf die ursprünglichen Strecken übertragen. Diese Zuordnung legt stets den (auf t0 bezogen) zeitkürzesten Weg zwischen Von-Knoten und Nach-Knoten der virtuellen Strecke zugrunde. Abbildung 32 zeigt den im Beispiel entstehenden Graph für die Kurzwegsuche.
Abbildung 32: Kurzwegsuchgraph bei Matrixmaut
Dieser Modellierungsansatz setzt voraus, dass die Matrixmaut degressiv gestaltet ist, d.h. für drei Knoten A, B, C gilt stets cA-C≤ cA-B + cB-C. Zudem wächst die Zahl der in den Suchgraph eingefügten virtuellen Strecken quadratisch mit der Zahl der Grenzknoten des Mautgebiets. Verwenden Sie Matrixmaut deshalb nur in Fällen, bei denen das Mautgebiet nur über eine überschaubare Anzahl von Knoten mit dem Rest des Netzes verbunden ist.
Hinweis: Außer der Matrix- und Flächenmaut gibt es in Visum eine Streckenmaut, die unabhängig von Regulierten Verkehrsbereichen für jedes IV-Verkehrssystem an Strecken definiert werden kann (Streckenmaut). |
Wirkung in Verfahren
Die folgende Übersicht zeigt, welcher Typ von Regulierten Verkehrsbereichen in welchen Umlegungsmethoden verwendet werden kann:
Typ |
Berücksichtigende Umlegungsverfahren* |
Fahrverbot |
Alle Verfahren außer DUE und dynamische stochastische Umlegung |
Durchfahrtsverbot |
Alle Verfahren außer LUCE und TRIBUT-Umlegungen |
Flächenmaut |
Alle Verfahren außer DUE und die dynamische stochastische Umlegung |
Flächenmaut (einmal bezahlen)** |
Gleichgewichtsumlegung, Gleichgewichtsumlegung Bi-conjugate Frank Wolfe, Sukzessivumlegung, Umlegung mit ICA (wenn die untergeordnete Umlegung unterstützt wird), SBA |
Matrixmaut*** |
TRIBUT-Lernverfahren |
* Bei der Umlegung mit ICA hängt die Berücksichtigung von Regulierten Verkehrsbereichen von der untergeordneten Umlegung ab.
** Bei Strecken, die zu einem Regulierten Verkehrsbereich vom Typ Flächenmaut gehören, wird das Streckenattribut Maut-IVSys bei der Berechnung der Maut und der Erlöse berücksichtigt. Da in diesem Fall i.d.R. ausschließlich die Flächenmaut des Regulierten Verkehrsbereiches gilt, müssen Sie sicherstellen, dass die Streckenmaut für Strecken innerhalb dieses regulierten Verkehrsbereichs Null ist.
*** Bei Strecken, die zu einem Regulierten Verkehrsbereich vom Typ Matrixmaut gehören, wird das Streckenattribut Maut-IVSys bei der Berechnung der Maut und der Erlöse nicht berücksichtigt.