Fahrzustände im Verkehrsflussmodell nach Wiedemann
Das Verkehrsflussmodell in Vissim ist ein stochastisches, zeitschrittbasiertes mikroskopisches Modell, bei dem Fahrer-Fahrzeug-Einheiten als elementare Einheiten betrachtet werden.
Wegen der Berücksichtigung physiologischer Beschränkungen der Wahrnehmungsfähigkeit und psychologischer Aspekte wird dieser Modellansatz psycho-physisches Fahrzeugfolgemodell genannt. Es enthält ein psycho-physisches Fahrzeugfolgemodell für die Längsbewegung der Fahrzeuge und ein regelbasiertes Modell für die Querbewegung. Die Modelle basieren auf den kontinuierlichen Forschungsarbeiten von Wiedemann:
- Wiedemann, R. (1974). Simulation des Straßenverkehrsflusses. Schriftenreihe des Instituts für Verkehrswesen der Universität Karlsruhe (seit 2009 KIT – Karlsruher Institut für Technologie), Heft 8
- Wiedemann, R. (1991). Modeling of RTI-Elements on multi-lane roads. In: Advanced Telematics in Road Transport edited by the Commission of the European Community, DG XIII, Brussels
Das Verkehrsflussmodell nach Wiedemann basiert auf der Annahme, dass sich ein Fahrer in einem der vier folgenden Fahrzuständen befinden kann (Verkehrsflussmodell und Lichtsignalsteuerung):
- Freies Fahren: Es ist kein Einfluss eines vorausfahrenden Fahrzeugs beobachtbar. In diesem Fahrzustand versucht ein Fahrer, seine Wunschgeschwindigkeit zu erreichen und dann beizubehalten. In der Realität gelingt es dem Fahrer wegen der unvollständigen Beherrschung des Fahrzeugs normalerweise nicht, diese Geschwindigkeit völlig konstant zu halten. Die Geschwindigkeit wird immer mehr oder weniger um die Wunschgeschwindigkeit pendeln.
- Annäherung: Vorgang, bei dem ein Fahrer seine Geschwindigkeit an ein vorausfahrendes langsameres Fahrzeug anpasst. Während des Annäherns verzögert der Fahrer so, dass im Idealfall die Geschwindigkeitsdifferenz zum Vorderfahrzeug gerade Null ist, wenn er seinen gewünschten Sicherheitsabstand erreicht hat.
- Folgen: Der Fahrer fährt hinter dem vorausfahrenden Fahrzeug her, ohne bewusst zu bremsen oder zu beschleunigen. Dabei hält er den Abstand mehr oder weniger konstant, aber auch hier führt die unvollkommene Beherrschung des Gaspedals dazu, dass die Geschwindigkeitsdifferenz in einem kleinen Bereich um Null oszilliert und der Abstand damit ebenfalls schwankt.
- Bremsen: Der Einsatz einer mittleren bis starken Verzögerung, falls der Abstand zum Vorderfahrzeug unter den Wunschsicherheitsabstand fällt. Das kann passieren, wenn das vorausfahrende Fahrzeug plötzlich bremst oder ein drittes Fahrzeug sich durch Fahrstreifenwechsel in die Lücke zwischen den beiden Fahrzeugen drängt.
Für jeden dieser vier Fahrzustände ergibt sich die Beschleunigung aus aktueller Geschwindigkeit, Geschwindigkeitsdifferenz und Abstand zum Vordermann sowie den individuellen Kenngrößen von Fahrer und Fahrzeug.
Der Fahrer wechselt den Fahrzustand, sobald er eine bestimmte Schwelle erreicht, die als Funktion von Geschwindigkeitsdifferenz und Abstand beschrieben werden kann. So kann beispielsweise eine geringe Geschwindigkeitsdifferenz nur in geringem Abstand wahrgenommen werden. Dagegen veranlassen große Geschwindigkeitsdifferenzen den Fahrer bereits in größerer Distanz zu einer Reaktion.
Von Fahrer zu Fahrer unterschiedlich ausgeprägt sind Wunschgeschwindigkeiten und Sicherheitsabstände sowie die Fähigkeit, Geschwindigkeitsdifferenzen wahrzunehmen.
Das Attribut Fahrzustand in Vissim gibt nicht einen Fahrzustand nach Wiedemann an. Das Attribut beschreibt differenzierter den aktuellen Fahrzustand des Fahrzeugs in der Simulation auf seiner Route durch das Vissim-Netz (Fahrzustand eines Fahrzeugs).
Übergeordnetes Thema:
Verkehrsflussmodell und Lichtsignalsteuerung
Fahrverhaltensparametersätze definieren
Informationen zum Bearbeiten:
Fahrverhaltensparameter auf den Registern bearbeiten
Fahrverhaltensparameter in der Liste Fahrverhalten bearbeiten
Fahrverhaltensparameter bearbeiten
Fahrverhaltensparameter Folgeverhalten bearbeiten
Entscheidungsmodelle für Fahrstreifenwechsel
Fahrverhaltensparameter Fahrstreifenwechsel bearbeiten