Verfahren der Wegewahl mit oder ohne Wegesuche
Für die Wegewahl können Sie verschiedene Verfahren wählen (Wegesuche und Wegewahl):
- Wenn Sie in den Parametern der dynamischen Umlegung auf dem Register Wahl das Verfahren Alte Belastungen verwenden (keine Wegesuche) auswählen, erfolgt die Wegewahl ohne Wegesuche. Dann entspricht die Wahrscheinlichkeit für die Verwendung jedes Weges dem Anteil seines Attributwerts Belastung (alt) an der Summe der Attributwerte Belastung (alt) von allen Wegen der gleichen Quelle-Ziel-Beziehung. Diese Attributwerte stammen aus einem ANM-Import oder der Wegedatei eines vorherigen Simulationslaufs.
- Wenn Sie in den Parametern der dynamischen Umlegung auf dem Register Wahl das Aufteilungsmodell für Wege Stochastische Umlegung (Kirchhoff) oder Gleichgewichtsumlegung ausgewählt haben, folgt auf die Wegesuche die Wegewahl und die Fahrzeuge werden abhängig vom gewählten Aufteilungsmodell auf Basis der Verteilungsformel nach Kirchhoff oder auf Basis der Verteilungsformel für die Gleichgewichtsumlegung auf die Wege verteilt.
Die folgenden Beschreibungen setzen voraus, dass der Zielparkplatz und die möglichen Wege dahin bereits bekannt sind. Die Wegesuche findet in jedem Intervall nur den besten möglichen Weg für jede Quelle-Ziel-Beziehung, aber alle gefundenen Wege können in allen Intervallen verwendet werden (Wegesuche findet in jedem Intervall nur den besten möglichen Weg). Bei der dynamischen Umlegung wählen die Fahrer den Weg zum Zeitpunkt der Abfahrt an ihrem Quellparkplatz.
Berechnung des Nutzens
Eine der grundlegenden Annahmen bei der Wegewahl nach Kirchhoff ist, dass nicht alle Fahrer den besten Weg nutzen, sondern, dass alle bekannten Wege befahren werden und unterschiedliche Kosten haben. Ein großer Anteil des Verkehrs sollte jedoch auf die besseren Wege verteilt werden. Die Güte von Wegen wird mit Hilfe der generalisierten Kosten bewertet. Generalisierte Kosten sind das Gegenteil von dem, was „Nutzen” in der Theorie der diskreten Entscheidungen beschreibt. Deshalb wird der Nutzen als Kehrwert der generalisierten Kosten definiert:
Dabei ist
Uj = der Nutzen des Wegs j
Cj = die generalisierten Kosten des Wegs j
Berechnung des Entscheidungsverhaltens mit der Logit-Funktion
Die am häufigsten verwendete und deshalb auch am besten theoretisch analysierte Funktion zur Abbildung des Entscheidungsverhaltens ist die Logit-Funktion:
Dabei ist
Uj = der Nutzen des Wegs j
p(Rj) = die Wahrscheinlichkeit, dass Weg j gewählt wird
μ = der Sensitivitätsparameter des Modells (>0), Logit-Skalierungsfaktor bei der Zielparkplatzwahl
Der Sensitivitätsparameter bestimmt, wie stark die Verteilung auf Nutzenunterschiede reagiert. Ein geringer Wert würde zu einer ziemlich gleichen Verteilung ohne großen Einfluss des Nutzens führen, und ein hoher Wert würde dazu führen, dass praktisch alle Fahrer den besten Weg wählen.
Verteilung nach Kirchhoff
Wird die Logit-Funktion mit der oben definierten Kostenfunktion angewendet, führt das dazu, dass das Modell dem Unterschied zwischen 5 und 10 Minuten Reisezeit die gleiche Bedeutung beimisst, wie dem Unterschied zwischen 105 und 110 Minuten Reisezeit, weil die Logit-Funktion translationsinvariant ist und deshalb nur die absolute Differenz der Nutzen betrachtet. Dies ist keine besonders angemessene Modellierung, da in der Realität zwei Wege, die 105 und 110 Minuten Reisezeit haben, praktisch als gleich gut angesehen werden, wohingegen zwei Wege von 5 und 10 Minuten als erheblich unterschiedlich wahrgenommen werden. Um dieser realen Einschätzung näher zu kommen, wird in Vissim die Verteilungsformel nach Kirchhoff verwendet:
Dabei ist
Uj = der Nutzen des Wegs j
p(Rj) = die Wahrscheinlichkeit, dass der Weg j gewählt wird
k = der Sensitivitätsparameter des Modells
Auch hier bestimmt der Sensitivitätsparameter wieder, wie empfindlich das Modell auf Unterschiede in den Nutzen reagiert. Bei Kirchhoff bestimmt nicht die absolute Differenz der Nutzen die Verteilung, sondern das Verhältnis der Nutzen, so dass sich nur geringe Unterschiede bei den Wegen mit 105 und 110 Minuten Reisezeit ergeben, wogegen der Weg mit 5 Minuten Reisezeit viel mehr Verkehr erhält als der Weg mit 10 Minuten Reisezeit.
Genau genommen, ist auch die Kirchhoff-Funktion ein Logit-Modell. Es entsteht aus der oben beschriebenen Logit-Funktion, wenn als Nutzenfunktion der logarithmierte Nutzen eingesetzt wird:
Dabei sind Cj die generalisierten Kosten des Wegs j.
Verteilung mit der Gleichgewichtsumlegung
Die Gleichgewichtsumlegung verteilt die Nachfrage kostenproportional für jede Quelle-Ziel-Parkplatzbeziehung von teuren zu billigen Wegen um:
Alle Wege, die teurer sind als die mittleren Wegkosten, geben Belastung ab. Von diesen Wegen geben teurere Wege mehr Belastung ab als billigere Wege. Alle Wege, die billiger sind als die mittleren Wegkosten, erhalten zusätzliche Belastung. Von diesen Wegen erhalten billigere Wege mehr Belastung als weniger billige Wege (Gleichgewichtsumlegung – Beispiel).
Für Wegewahl normierte Wahrscheinlichkeit zuordnen
Wie im Verfahren nach Kirchhoff wird jedem Weg j eine normierte Wahrscheinlichkeit zugeordnet.
wobei:
s: Simulationslauf
n: Zeitintervall
v: Fahrzeugklasse
Die Wahrscheinlichkeiten werden vor jedem Zeitintervall n aus den generalisierten Kosten
berechnet. Abweichend vom Verfahren nach Kirchhoff wird bei der Gleichgewichtsumlegung die Sollbelastung
bestimmt.
Wobei =
das Attribut Belastung-Soll (relativ) und
die Gesamtbelastung der Quelle-Ziel-Parkplatzbeziehung ist.
wird iterativ berechnet, sodass
eine Funktion γ folgender Variablen ist:
- den generalisierten Kosten
des entsprechenden Weges
- den durchschnittlichen generalisierten Kosten
- den relativen Sollbelastungen des vorherigen Simulationslaufes
Belastungen kostenproportional umverteilen
Im Folgenden bezeichnen:
: Menge der Wege zu Beginn eines neuen Zeitintervalls für jede Quelle-Ziel-Parkplatzbeziehung, inklusive der neu gefundenen Wege und exklusive der bereits gelöschten Wege.
Darin sind:
: die Kosten von Weg j
: die durchschnittlichen Wegekosten, wobei
die Anzahl aller Wege mit der Quelle-Ziel-Beziehung
ist.
Die Nachfrage wird verschoben in Richtung des Vektors
wobei
Aufgrund der Definition von gilt:
Damit wird Belastung umverteilt und nicht zusätzliche Belastung erzeugt.
In Iteration s wird der Anteil der Gesamtnachfrage für eine Parkplatzbeziehung umverteilt:
Dabei ist der Inhalt von AktIterIdx (Attribut Aktuelle-Iteration-Index: Index der aktuellen Iteration einer Gleichgewichtsumlegung). Das Attribut AktIterIdx wird unter folgenden Bedingungen am Ende eines Simulationslaufes hochgezählt:
- wenn eine dynamische Umlegung stattgefunden hat und dadurch Matrizen oder Fahrtkettendateien referenziert sind und
- wenn das Aufteilungsmodell Gleichgewichtsumlegung ausgewählt ist
AktIterIdx wird in der Wegedatei *.weg gespeichert.
AktIterIdx wird zurückgesetzt, wenn ein Simulationslauf ohne Wegedatei gestartet wird.
Um nur den gewünschten Anteil von der Gesamtbelastung umzuverteilen, muss der Vektor
noch skaliert werden. Dazu wird der skalierte Richtungsvektor
berechnet:
Damit sind folgende Bedingungen erfüllt:
Das bedeutet, von überdurchschnittlich teuren Wegen wird genauso viel Belastung weggenommen, wie bei unterdurchschnittlich teuren Wegen hinzugefügt wird.
Die Nachfrage wird in Richtung verschoben, so dass auf keinem Weg eine negative Nachfrage entsteht:
Falls wird, besagt der Algorithmus, dass Belastung von Wegen weggenommen werden soll, die bereits Belastung 0 haben. Um die Umverteilung durchzuführen, werden diese Wege dann temporär aus der Wegemenge genommen, der Quelle-Ziel-Beziehung. Der Belastungsausgleich wird neu gestartet und dabei wird ausschließlich die temporär reduzierte Wegemenge berücksichtigt.
Ist wird gesetzt:
Die neue relative Sollbelastung ist dann gegeben durch:
Damit wird ein Anteil von an der Gesamtnachfrage für die Parkplatz-Beziehung verschoben.
Falls muss noch der verbleibende Anteil von
verschoben werden. Dieser verbleibende Anteil wird iterativ umverteilt. Dazu werden die Wege, die eine relative Sollbelastung
haben, temporär aus der Wegemenge
genommen. Der Belastungsausgleich wird neu gestartet, jedoch mit
anstelle von
und mit
anstelle von
.
Das iterative Verfahren wird beendet, wenn erreicht ist.
Die neue finale Belastung wird dann für das neue Zeitintervall fahrzeugklassenfein im neuen Attribut Belastung-Soll (relativ) gespeichert und für die Wegewahl benutzt (Attribute von Wegen). Belastung-Soll (relativ) wird in der Wegedatei *.weg gespeichert.
Wenn im Rahmen einer Umlegung eine Wegedatei eingelesen wird, in der Belastung-Soll (relativ) und Aktuelle-Iteration-Index nicht vorhanden sind, werden folgende Werte gesetzt:
- Aktuelle-Iteration-Index: 1
- Belastung-Soll (relativ): leer für alle Fahrzeugklassen und Zeitintervalle
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