Grundzüge des Verfahrens
Das Verfahren gliedert sich im Wesentlichen in einen Konstruktionsprozess zur Erzeugung von Linien und anschließend in die Auswahl und Bewertung von Linienkonzepten.
Im ersten Teil werden Linienrouten konstruiert, die von den angegebenen terminalen Haltepunkten ausgehen und wieder an solchen enden. Dabei werden alle Verläufe gefunden, die nur die befahrbaren Strecken und Abbieger des angegebenen Verkehrssystems nutzen und keinen zu großen Umweg bedeuten. Die Umwegprüfung stellt sicher, dass die Länge des Linienwegs zwischen je zwei Halten nicht größer ist als ein Koeffizient multipliziert mit der Entfernung des kürzesten Weges (unabhängig von freigegebenen Verkehrssystemen). Die Umwegprüfung berücksichtigt, dass Hindernisse wie Flüsse oder Bebauungen auch bei idealer Linienführung zu umfahren sind. Der Koeffizient im Vergleich zwischen konstruierter Linie und idealem Kurzweg nimmt mit der Länge des Kurzwegs ab. Es können also lokal gesehen größere Umwege in Kauf genommen werden, während der Gesamtroutenverlauf einer direkten Linienführung möglichst gut folgen sollte.
Zu jeder gefundenen Linienroute wird eine Gegenrichtung in der Menge der konstruierten Linienrouten gesucht oder gegebenenfalls erzeugt. Die jeweiligen Linienrouten der Hin- und Rückrichtung werden in einer Linie zusammengefasst, sodass eine erzeugte Linie immer aus zwei Linienrouten (je eine pro Richtung) besteht. Es werden keine Ringlinien erzeugt. Sind diese gewünscht, müssen Sie dem Verfahren als Bestandslinie mit wählbarem Takt vorgegeben werden.
Bei der Erzeugung von Linien werden alle vorhandenen Linien gelöscht, die nicht durch ihren Attributwert als vorgegebene Linien gekennzeichnet sind.
Der so entstandene Linienpool ist Grundlage für die nächsten Schritte zur Auswahl und Bewertung von Linienkonzepten. Zur Kontrolle dieses ersten Schrittes wird ein Maximalnetz ausgegeben, das alle erzeugten und vorgegebenen Linien mit dem höchsten Takt enthält.
Hinweis: Es ist lohnend, den erzeugten Linienpool zu überprüfen. Hier kann schon vor der Linienauswahl und Bewertung geprüft werden, ob sinnvolle Linien erzeugt wurden. Einstellungen zu Umweg, Befahrbarkeit von Strecken und Abbiegern oder Auswahl der terminalen Haltepunkte können angepasst werden, bis der erzeugte Linienpool den Erwartungen entspricht. |
Im zweiten Teil werden aus dem Linienpool durch Auswahl von Linien und Angabe eines Taktes Linienkonzepte erstellt und bewertet. Grundlage der Bewertung ist die Umlegung der Nachfrage auf das Maximalnetz. Hierfür wird eine spezielle Umlegung ohne Parameter verwendet. Anhand der resultierenden Belastungen werden Linienrouten gewählt, die hohe Luftlinien-Personenkilometer bedienen. Unbediente Nachfrage wird durch Hinzunahme von weiteren Linien reduziert. Die Zuordnung eines Taktes erfolgt aufgrund von Kapazitätsbetrachtungen, die einerseits die Nutzung der Linienroute und andererseits die Kapazität der eingesetzten Fahrzeuge berücksichtigen. Der Takt wird aus einer Reihe ausgewählt, die zuvor in den Parametern angegeben wurde.
Das ausgewählte Linienkonzept wird nun anhand einer gewichteten Zielfunktion bewertet. Die Bewertungskriterien müssen normiert werden. Dies erfolgt durch die durchschnittlichen Bewertungen der einzelnen Zielfunktionskomponenten der Startlösungen.
Die verwendeten Zielkomponenten bestehen aus Komponenten aus Fahrgastsicht und aus Betreibersicht. Sie haben so die Möglichkeit, eine ausgewogene Gewichtung der konkurrierenden Anforderungen an ein ÖV-Angebot zu finden.
Folgende Zielkomponenten werden berücksichtigt:
- Mittlere Kapazitätsüberschreitungen: Den Fahrzeugen ist eine Kapazität zugeordnet. Die mittlere Kapazitätsüberschreitung ermittelt sich aus der Summe der Fahrzeiten, die Fahrgäste „stehend“ in Fahrzeugen verbringen. d.h. es werden die Fahrgäste oberhalb der Kapazität des Fahrzeugs mit der Fahrzeit, die dieser Zustand andauert, multipliziert („Steherminuten“). Es gibt keine zurückgelassenen Fahrgäste am Zustieg, d.h. alle Fahrgäste werden unabhängig von der Belastung stets befördert.
- Mittlere zusätzliche Umstiege: Die mittleren zusätzlichen Umstiege ist die Differenz der mittleren Anzahl Umstiege auf den Wegen einer Relation im bewerteten Angebot und der mittlere Anzahl Umstiege auf den Wegen des maximalen Angebots, multipliziert mit der Nachfrage der Relation und summiert über alle Relationen.
- Mittlerer Umwegfaktor: Der mittlere Umwegfaktor ist das Verhältnis, um den die mittlere Fahrzeit auf den Wegen einer Relation im bewerteten Angebot die mittlere Fahrzeit auf den Wegen des maximalen Angebots übersteigt, multipliziert mit der Nachfrage der Relation und summiert über alle Relationen. Anzahl Bedienung pro Stunde: Je Haltepunkt kann eine untere und eine obere Grenze für die Anzahl Abfahrten pro Stunde festgelegt werden. Die Summe aller Über- und Unterschreitungen im Netz bildet diese Komponente. Sie misst daher gleichermaßen Erwartungshaltungen von Kunden oder den Vorgaben des Nahverkehrsplans (insbesondere Untergrenzen) und/oder betriebliche Randbedingungen (insbesondere Obergrenzen).
- Anzahl Linien über Budget: Die Bewertung der Linienanzahl im Verkehrsangebot ist zu bewerten, da eine hohe Anzahl an Linien einerseits für den Fahrgast viele Direktfahrten ermöglicht, aber das Angebot undurchsichtig macht. Der Nutzer gibt eine erwartete Anzahl an Linien für das Verkehrsangebot an. Die Überschreitung dieser Anzahl wird in der Zielfunktion bewertet. Gewählte Linien, deren Linienrouten vollständig in Linienrouten einer anderen Linie enthalten sind, werden als Verstärkerlinien der längeren Linienrouten gekennzeichnet. Die Verstärkerlinie geht nicht in die Bewertung über die Anzahl der Linie im Netz mit ein.
- Anzahl Fahrzeuge über Budget: Aus der Streckenfahrzeit je Richtung, der angegebenen Wendezeit und dem Takt jeder Linie wird der Fahrzeugbedarf abgeschätzt und über alle Linien des Linienkonzepts addiert. Die Kennzahl charakterisiert somit eine Komponente der Betriebs- und Abschreibungskosten. Optional kann ein Budget an vorhandenen Fahrzeugen je Verkehrssystem vorgegeben werden. Bewertet wird dann nur derjenige Anteil der Anzahl Fahrzeuge, der über das Budget hinausgeht.
- Anteil Leerplatzzeit: Aus den Belastungen der Fahrzeitprofile einerseits, der Kapazität der Fahrzeuge und dem Takt andererseits lassen sich die Gesamtplatz-km und die Personenkilometer je Linie berechnen. Die Differenz aus beiden sind die Leerplatz-km, und diese werden ins Verhältnis zu den Gesamtplatz-km gesetzt. Je größer dieser Wert wird, um so ineffizienter ist also das Angebot, weil viele angebotene Plätze über längere Strecken ungenutzt bleiben.
- Unbediente Personenkilometer: Die unbedienten Personenkilometer errechnen sich aus der Anzahl Personen auf Relationen, für die mit diesem Linienkonzept kein Angebot besteht (oder mehr als drei Umstiege erforderlich wären), das maximale Angebot jedoch ein Angebot bietet, multipliziert mit der Luftlinienweite der Relation und addiert über alle betroffenen Relationen. Relationen, die schon im Maximalnetz gegen das Angebot des konkurrierenden Modus verlieren oder mehr als drei Umstiege erfordern, spielen keine Rolle.
Die Auswahl und Bewertung der Linienkonzepte sind Teil eines genetischen Algorithmus. Es werden verschiedene Startlösungen generiert. Gute Elemente der Lösungen werden beibehalten und andere werden variiert. Dabei verbessern sich sukzessive die gefundenen Lösungen. Das Verfahren endet, wenn nach einer angegebenen Anzahl von Generationen keine bessere Lösung gefunden wird oder die maximale Anzahl der Iterationen erreicht wird.
Das Verfahren liefert neben dem Linienkonzept mit der besten Bewertung auch eine Anzahl an fast genauso guten Lösungen. Ein Linienkonzept besteht aus den ausgewählten Linien (-routen) und einem Attribut, dass den Takt der Bedienung enthält. Fahrplanfahrten oder damit einhergehende Abfahrtszeiten werden nicht erzeugt. Auf dieser Basis kann sofort eine taktfeine Umlegung gerechnet werden, die die Taktinformation über die Relation von Fahrzeitprofil zu Linie abholt.
Hinweis: Das Add-In „Create regular timetable“ kann mit der Angabe eines Zeitbereichs und der Taktinformation Fahrplanfahrten erzeugen. Die Taktversatzoptimierung (Taktversatzoptimierung) setzt optimale Abfahrtszeiten, um die Wartezeit der Fahrgäste netzweit zu minimieren. |
Um nach Durchführung des Verfahrens beurteilen zu können, um wie viel eine Lösung in einer Dimension besser sein könnte, wenn eine Verschlechterung in einer anderen Komponente akzeptabel wäre, werden auch optional alle aufgefundenen Pareto-optimalen Lösungen ausgegeben. Das Maximalnetz, also das Netz, dass alle Linien des Linienpools enthält, wird zur Kontrolle ebenfalls als Szenario bereitgestellt.