Struktur des Aktivitäten-basierten Modells
Obwohl sich keine allgemein akzeptierte Standardstruktur von Aktivitäten-basierten Modellen etabliert hat, gibt es viele Aspekte, die in der Community weit verbreitet sind. Die folgende Abbildung zeigt eine typische Abfolge von diskreten Wahlmöglichkeiten eines ABM:
1. Langfristige Entscheidungen
Langfristige Entscheidungen bleiben bei kurzfristigen Angebotsänderungen recht stabil. Sie umfassen die Wahl des Arbeitsplatzes und des Schulortes sowie die Wahl der Mobilitätsinstrumente wie ÖV-Abo oder Autobesitz. In Prognoseszenarien bleiben die Langfristigen Entscheidungen in der Regel unverändert.
2. Wahl der Tourfrequenz und -länge
Die Tour- und Haltefrequenzen sind die Anzahl der Touren und ihre Längen im täglichen Mobilitätsplan einer Person. Typischerweise hängen die Frequenzen voneinander ab: Die Anzahl der obligatorischen Touren beeinflusst die Wahrscheinlichkeit der Anzahl der optionalen Touren.
3. Wahl der Aktivitätenart
Für jeden Halt wird eine Aktivitätenart wie Einkaufen oder Freizeit gewählt.
4. Zielwahl
Jede Aktivität erhält ein konkretes Ziel. Die entlang einer Tour gewählten Ziele / Aktivitätenstandorte sind in der Regel nicht unabhängig voneinander: Entscheidend ist die Gesamtfahrzeit (oder genauer: der Widerstand).
5. Moduswahl
Für jeden Weg wird ein Modus gewählt.
6. Wahl der Aktivitätsdauer
Jede Aktivitätsausübung erhält eine Dauer.
7. Wahl der Abfahrtszeit
Jeder Weg erhält eine konkrete Abfahrtszeit. Da alle Touren und Wege einer Person miteinander verbunden sind, kann dieser Schritt eine große Herausforderung darstellen. Die Entscheidung über die Abfahrtszeit für einen bestimmten Weg wirkt sich auf die Ausführungszeit aller vorherigen und nachfolgenden Aktivitäten aus, die sich nicht überschneiden sollten.
Die einzelnen Wahlmöglichkeiten werden typischerweise durch Zufallssimulationen auf Basis von Logit-Modellen modelliert. Ein Logit-Modell ist ein diskretes Wahlmodell mit einer Reihe von Alternativen, von denen jede einen bestimmten Nutzen hat. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Alternative gewählt wird, ist dann eine Funktion dieser Nutzen. Im Falle der Moduswahl für einen bestimmten Weg sind die Alternativen beispielsweise die verschiedenen verfügbaren Modi, während die Nutzen die negierten Werte der entsprechenden Fahrzeiten sind. Je kleiner der Nutzen (d.h. je größer die Fahrzeit), desto unwahrscheinlicher die Auswahl.
In ABM hängt der Nutzen oft auch von Personenattributen ab. Eine exemplarische Modellspezifikation ist in der folgenden Tabelle zu finden.
Attribut |
zu Fuß |
Auto |
Fahrrad |
ÖV |
Fahrzeit |
-0,1 |
-0,05 |
-0,07 |
-0,09 |
Entf_bis_ÖV_Haltestelle |
0 |
0 |
0 |
-1,3 |
Alte_Personen |
0,3 |
0,7 |
-0,4 |
0,2 |
Junge_Erwachsene |
-0,3 |
-0,2 |
0,5 |
0 |
Die letzten drei Attribute sind Personenattribute. Folglich ist die Moduswahl für jede Person individuell.
Eine Folge von diskreten Wahlen, wie sie bei ABM der Fall sind, wird oft mit einer verschachtelten Struktur modelliert. Das bedeutet, dass jede Wahl auf den Nutzen der nachfolgenden Wahlen basiert. Ein Nutzen besteht dann aus der sogenannten Logsum des unterliegenden Wahlmodells.
Für den Fall einer Zielwahl, auf die die Modusauswahl folgt, ist der Nutzen eines Ziels UD dann
UD = log Σm exp(Um)
wobei die Summierung über alle Modi m mit dem Nutzen Um erfolgt. Das bedeutet insbesondere, dass die Leistung jedes Modus die Zielwahl beeinflusst. Da die Moduswahl wiederum aus den Nutzen ihres unterliegenden Wahlmodells besteht, verknüpft der geschachtelte Ansatz eine Entscheidung endgültig mit allen nachfolgenden Entscheidungen.
Ein wichtiger und gelegentlich aufwändiger Schritt im Modellierungsprozess ist die Spezifikation der Teilmodelle sowie die Schätzung und Kalibrierung der Modellparameter. Grundlage ist in der Regel das Ergebnis einer Haushaltsbefragung mit detaillierten Fahrtentagebüchern. Die Modellparameter können aus solchen Datensätzen mit Hilfe statistischer Softwarepakete geschätzt werden.